M´era Luna 2019


Das bunteste Festival der schwarzen Szene

Zum 20. Mal jährte sich das M´era Luna Festival in Hildesheim. Aber was heißt schon Festival? Das M´era Luna ist auf jeden Fall mehr als nur ein bloßes Festival. Vom 10.-11.August 2019 sah Hildesheim deutlich schwärzer aus, als an allen anderen Wochenenden des Jahres. Rings um das Festivalgelände im Industriegebiet pilgerten die Fans in Richtung Flugplatz. Die Location war natürlich wieder der Flugplatz Drispenstedt. Auch dieses Jahr konnten die Veranstalter wieder vermelden, dass das M´era Luna ausverkauft war. Mit 25.000 Besuchern ist es eines der größten Festivals der Schwarzen Szene und ein internationales Highlight.


Das Méra Luna versprach wieder für zwei Tage großartige Konzerte, spannende Workshops, aufregende Modeschauen und interessante Lesungen. Auf den Bühnen wurde mit nationalen und internationalen Bands gefeiert, darunter waren zum Beispiel Within Temptation, ASP, Mono Inc, Subway to Sally, Fields of the Nephilim und VNV Nation. Auf den zwei Bühnen des Festivals, der Main-Stage, einer Open-Air-Bühne, und der Hangar-Stage wechselten sich die Bands ab, während zwei große Videoleinwände die Auftritte vor den Hangar übertrugen. Der Hangar war platztechnisch häufig komplett gefüllt, so dass viele Festivalbesucher zum Beispiel den Auftritt von Heldmaschine nur über die Videowall sahen. Ein weiteres Highlight der Bandauftritte war die Band Versengold mit Songs von ihrem neuen Album „Nordlicht“. Die Mittagszeit ist zwar als Slot für den Auftritt eigentlich eine undankbare Zeit, allerdings schafften es Versengold, das Infield zu füllen und eine hervorragende Stimmung mit viel Tanz in der Mittagssonne zu erzeugen.


Man hat natürlich sofort das Gefühl, dass es beim M´era Luna nicht primär um die Musik geht. Es geht um die Selbstinszenierung der Schwarzen Szene mit all ihren Facetten und Stilen, mit einer Vielfalt, die fast unglaublich scheint. Wenn man nichts mit der Szene zu tun hat, hat man sehr schnell eine Art Reizüberflutung und ist fasziniert und begeistert von all den Outfits, mal in barocken Kleidern, Styles die an BDSM angelehnt sind oder die Cyber, mit ihren Outfits, die durch die Technoszene inspiriert sind. Aber eine Gemeinsamkeit haben alle Stile der Szene und das ist die Farbe Schwarz. Sie gilt in der Szene unter anderem als Ausdruck von Ernsthaftigkeit, Dunkelheit und Mystik, aber auch als Symbol für Hoffnungslosigkeit, Leere, Melancholie und als Bezug zu Trauer und Tod.


An diesem August-Wochenende war hervorragendes Wetter, erst am Sonntagabend, kurz vor der Abreisezeit, setzte leichter Regen ein. Am Samstag begeisterte Rusty, das Pferd aus Eisenschrott und alten Maschinenteilen, die Festivalbesucher, während es wiehernd durch das Infield schritt und sich streicheln ließ. Das Rahmenprogramm hatte viel zu bieten, man konnte in der Gothic Fashion Town gemütlich shoppen gehen und aus einer großen Auswahl an handgefertigten Kostümen, Masken, Accessoires und Schmuck das passende für sich oder als Mitbringsel für Familie oder Freunde auswählen. Die Gothic Fashion Town ist Teil von Europas größter Gothic Händlermeile. Ansonsten konnten sich die Festivalbesucher auch von der Modenschau, die am Samstag zwei Mal stattfand, inspirieren lassen. Martin Sprissler präsentierte die Show unter dem Motto „10 Years - 10 Labels“. Die Labels präsentierten in intimer Atmospäre im Disco-Hangar Korsagen, Lack und Leder und viel nackte Haut. Ansonsten gab es noch den traditionellen Mittelaltermarkt, auf dem Händler und Kaufleute aus nah und fern ihre Waren anboten. Gold- und Silberschmiede, Ablasshändler, Spielleute und Gaukler sorgten für eine hervorragende Unterhaltung. Für das leibliche Wohl sorgten Bäcker, Gewürzkrämer und Wirtsleute mit Brot, Met und allerlei Köstlichkeiten. Zu dunkler Stunde erleuchteten Feuerartisten die Nacht. Ansonsten bot das M´era Luna noch Lesungen von verschiedenen Autoren an und Workshops zum Thema Styling, Hexenkult und innere Schönheit.


Dieses Festival bietet einfach so viel, das man es kaum alles aufzählen kann. Für die Festivalbesucher steht beispielsweise ein Stylingzelt mit 24 Plätzen zur Verfügung, ein Frisörteam kümmert sich ein Zelt weiter um das Schneiden und Stylen der aufwändigen Frisuren. Wer keine Lust darauf hatte, sein Zelt selbst aufzubauen, konnte sich im Gothic Garden einmieten.


Es gibt wohl kaum ein anderes Festival, bei dem es auf dem Campingplatz so ordentlich, ruhig und sauber zugeht, wie auf dem M´era Luna. Da auf dem Hauptcampingplatz weder Autos, noch Stromerzeuger erlaubt sind, fehlt einem fast das beruhigende Summen der Generatoren und Kühlschränke.

Man kann das M´era Luna nur jedem empfehlen, auch Menschen, die nicht der Gothic-Szene angehören. Bei diesem Festival bekommt man zwei Tage beste Unterhaltung, lernt freundliche Menschen kennen und kann noch dazu die Konzerte von wirklich guten Bands sehen. Selbst wenn das M´era Luna länger als zwei Tage gehen würde, würde bei dem Rahmenprogramm keine Langeweile aufkommen.

Der Start des M´era Luna bedeutete auch, dass das Schaulaufen der Schwarzen Szene mit einer Intensität und Kreativität begann, die seinesgleichen sucht. Es gibt wohl niemanden, der sich dieser Faszination entziehen kann.


Die gute Nachricht für alle Gothic-Fans ist natürlich, dass es immer weiter geht. Vom 8. bis 9. August 2020 werden wieder 25.000 schwarze Seelen bei der 21. Ausgabe des Méra Luna feiern. Bereits jetzt bestätigte Bands für das Line-Up 2020 sind Coma Alliance, Diorama, Faderhead, Feuerschwanz, Holygram, Megaherz, Nachtmahr, Nitzer Ebb, Noisuf-X, Ost + Front, Roter Sand, Schandmaul, Solitary Experiments, The Beauty of Gemina, The Cassandra Complex, The Lord of the Lost Ensemble, Then Comes Silence und Unzucht.


Eine große Fotogalerie zum M´era Luna 2019 findet ihr hier.



Text: Maren Weibke
Fotos: Jerome Jakob